Ausbildung Gebäude- und Umwelttechnik

Kleinere Projekte, hier beispielsweise das Gießen eines Fundaments in der Kindervilla Anna Haag, bereiten auf die Praxis vor.

Schmutzige Hände gehören hier schon mal zum Ausbildungsalltag!

Handwerklich-technischer Schwerpunkt der Bildungsstätte

Die Bildungsstätte des Anna Haag Mehrgenerationenhauses ist darauf spezialisiert, Abgänger/innen von Förder- und Sonderschulen in unterschiedlichen Angeboten der beruflichen Bildung auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Das Spektrum umfasst verschiedene Fachpraktiker-Ausbildungen, Maßnahmen der Berufsvorbereitung und nicht zuletzt die Fördergruppe für junge Menschen mit geistiger Behinderung. Die inhaltlichen Schwerpunkte aller Bildungsangebote liegen sowohl im hauswirtschaftlichen als auch im handwerklich-technischen Bereich. Dabei hat sich die »Technikabteilung« des Anna-Haag-Hauses in den letzten Jahren stark weiterentwickelt, denn inzwischen gibt es handwerklich-technische Ausrichtungen bei Ausbildung, Sonderberufsfachschule, Berufsvorbereitender Bildungsmaßnahme (BvB) und der Fördergruppe.
Im Mehrgenerationenhaus ist der handwerklich-technische Schwerpunkt nicht gleichermaßen öffentlich sichtbar wie der hauswirtschaftliche, der im Alltag durch Großküche, Café, Hausreinigung und Wäscherei sehr präsent ist. Das liegt daran, dass die Technikabteilung nicht im Haupthaus, sondern in einem separaten Werkstattgebäude in Waiblingen-Neustadt angesiedelt ist. In dieser Lehrwerkstatt gibt es zum einen eine Kfz-Abteilung für die Ausbildung zum Autofachwerker – ein Berufsbild, das im Zuge einer bundesweiten Vereinheitlichung der Reha-Ausbildung auslaufen wird. Die letzten Autofachwerker des Anna Haag Mehrgenerationenhauses werden im Sommer 2019 abschließen, doch das Anna Haag Mehrgenerationenhaus setzt sich gemeinsam mit dem Bildungsträger Internationaler Bund (IB) für eine Nachfolgelösung ein. Auch die Agentur für Arbeit befürwortet das Anliegen, im Bereich Fahrzeugpflege einen neuen Ausbildungsberuf für leistungsgeminderte Jugendliche zu etablieren.

Zum anderen umfasst die Lehrwerkstatt eine Technikabteilung, in der insbesondere »Fachwerker/innen für Gebäude- und Umweltdienstleistungen« ausgebildet werden. Dort finden auch die festen Werkstatttage der »Technikgruppen« aus Sonderberufsfachschule und BvB statt, an denen die Jugendlichen handwerklich-technische Berufsmöglichkeiten kennenlernen. Seit September 2017 wird das Werkstattgebäude zudem verstärkt durch die »Fördergruppe für Gebäude und Umwelttechnik« genutzt. Denn unter den Fördergruppenteilnehmer/innen besteht reges Interesse am »Praxisbereich Werkstatt«, der ein breites Feld an beruflichen Perspektiven rund um alle hausmeisterlichen Tätigkeitsfelder eröffnet.

Für Jörg Schnatterer, Vorstand des Anna Haag Mehrgenerationenhauses, macht ein weiterer Ausbau der Technikabteilung der Bildungsstätte gerade in dieser Hinsicht Sinn: »Mit einer handwerklichen Qualifikation gibt es für die Jugendlichen nach unserer Erfahrung gute Übergangschancen in den Arbeitsmarkt,« so Schnatterer. »Zudem ergänzt der technische Ausbildungsbereich unsere anderen Angebote perfekt, da dieser vermehrt junge Männer anspricht, die sich oftmals weniger für Hauswirtschaft oder Gastgewerbe interessieren.«

Handwerklich-technische Ausbildung im Anna-Haag-Haus.

Die Auszubildenden der Technikabteilung haben kein Problem damit, sich auch mal Hände und Arbeitskleidung schmutzig zu machen …

Dass die angehenden Fachwerker/innen für Gebäude- und Umweltdienstleistungen richtig anpacken können, ist immer wieder in Projekten zu sehen, die diese Azubis gemeinsam mit ihrem Ausbilder umsetzen. Aktuellstes Projektbeispiel: In der Kindervilla Anna Haag haben die Jugendlichen ein Fundament gesetzt, auf dem ein großer Abenteuerwagen für die Kinder platziert wird. Unter Anleitung haben die Azubis dieses Projekt komplett – von Vorgesprächen und Planung über Materialbeschaffung und Umsetzung – betreut und dabei viel für die Praxis gelernt.

Derartige Projekte bereichern den Ausbildungsalltag, denn die Jugendlichen erleben dabei, dass ihre Arbeit anderen nutzt. Dabei darf auch mal ein kleiner Eigennutzen dabei sein, wie etwa beim überdachten Raucherplatz, den die Fachwerker/innen als Projektarbeit auf dem Außengelände des Anna-Haag-Hauses für alle Jugendlichen gebaut haben. Oder auch beim Bau von Vogelhäuschen, einem Projekt in der Adventszeit, bei dem die Auszubildenden dann ihre buntbemalten, aus Holz gefertigten Vogelhäuschen an einem Samstag – in ihrer Freizeit – auf dem Weihnachtsmarkt verkauften. Der Erlös ging dabei keineswegs in die eigene Tasche, sondern wird für einen jahrgangsübergreifenden gemeinsamen Ausflug der Fachwerker/innen verwendet.

Die Öffnung der Technikabteilung für die Fördergruppe bewirkte ganz neue Perspektiven für junge Menschen mit geistiger Behinderung. René beispielsweise ist ein junger Mann, gerade 18 geworden, der sich im Sommer 2017 mit Blick auf die Technik­ausrichtung für die Fördergruppe entschied. Er kam bereits mit handwerklichem Interesse und Talent ins Anna-Haag-Haus: Sein Vater ist ein begabter Heimwerker, und René hatte von klein auf viel von ihm gelernt, aber vor allem auch den Spaß am Schrauben und Sägen aus dem Elternhaus mitbekommen. Für ihn bietet sich mit der Fördergruppe für Gebäude und Umwelttechnik nun die Chance, sein Hobby später auch zum Beruf zu machen.

René wird deshalb an drei Tagen pro Woche gezielt im handwerklich-technischen Bereich gefördert. Ein weiterer Tag ist für den Unterricht im »Kurs« reserviert, und am fünften Tag der Arbeitswoche lernt René hauswirtschaftliche Arbeitsbereiche kennen, da ihm ein breitgefächertes Know-how bessere Jobperspektiven eröffnen kann. Und der Handwerker René kommt auch dort ausgesprochen gut zurecht!

Fördergruppe für Gebäude- und Umwelttechnik

Tabea besucht die »Fördergruppe für Gebäude und Umwelttechnik«, sie kann anpacken und arbeitet auch gerne im Freien.

Bei Tabea, einer jungen Frau im zweiten Fördergruppenjahr, verlief die Entwicklung genau entgegengesetzt: Tabea kam durch ihr hauswirtschaftliches Interesse zur Fördergruppe, und war in diesen Arbeitsbereichen auch motiviert und gut aufgehoben. Doch dann wollte sie einfach mal in die Technikabteilung »reinschnuppern« – und siehe da, es stellte sich heraus, dass Tabea nicht nur gerne und tatkräftig anpackt, sondern auch insgesamt »ein Händchen« für handwerklich-technische Aufgaben mitbringt. Inzwischen absolviert die 21-Jährige an drei Tagen die Woche ein Langzeitpraktikum beim haustechnischen Dienst eines Pflegeheims in Stuttgart-Vaihingen. Die restlichen Tage wird sie in Werkstatt und Kurs des Anna-Haag-Hauses gefördert. Für die Zukunft wünscht sich Tabea einen Arbeitsplatz im Bereich der Haustechnik. Und ganz nebenbei hat die junge Frau nicht nur ihren Berufswunsch, sondern auch ein Hobby gefunden: Sie hat sich zu Weihnachten einen Satz Werkzeug schenken lassen, um in ihrer Freizeit »heimwerkern« zu können.