Duale Ausbildung im Anna Haag Mehrgenerationenhaus

Im mittleren Alter auf dem Weg zum Wunschberuf: Altenpflege-Azubi Beniam Kifle und Sylvia Amzir, Erzieherin in Ausbildung.

»Unsere Fachkräfte sind so gut, wie wir sie ausbilden!«

Duale Ausbildung in Altenpflege- und Erzieherberufen

Das Thema »Ausbildung« im Anna Haag Mehrgenerationenhaus verbindet man zuallererst mit der Bildungsstätte und deren beruflichen Bildungsangeboten für Menschen mit besonderem Förderbedarf. Doch das Haus ist auch ein »klassischer« Ausbildungsbetrieb für Altenpflege- und Erzieherberufe im dualen System.
Im Seniorenzentrum blickt man dabei auf eine demnächst zehnjährige Ausbildungstradition zurück: Seit 2009 werden in jedem Jahr bis zu drei Auszubildende – je eine/r pro Wohnbereich – aufgenommen, aktuell absolvieren sieben angehende Altenpfleger/innen ihre Ausbildung im Haus. Susanne Sieghart, Bereichsleitung Seniorenhilfe im Anna Haag Mehrgenerationenhaus, liegt das Thema Ausbildung besonders am Herzen: »Wir brauchen gut ausgebildete Pflegefachkräfte, und wenn wir den Nachwuchs selbst ausbilden, wissen wir, was unsere Fachkräfte können. Davon abgesehen, hält die stete Auseinandersetzung mit den Ausbildungsinhalten alle unsere Mitarbeiter/innen fachlich auf dem euesten Stand.«
Der Bereich Kindertagesstätten hat von je her Erzieher/innen im Anerkennungsjahr, das auf drei Jahre schulische Erzieherausbildung folgt, eingesetzt. Das noch recht junge duale Ausbildungssystem – vielfach als »PiA« für Praxisintegrierte Ausbildung bekannt – hat das Anna-Haag-Haus 2017 eingeführt. Derzeit befinden sich zwei Auszubildende in der Kita Anna Haag, eine in der nahe gelegenen Kindervilla.
Was diese Zahlen nicht ausdrücken (können): Die Auszubildenden haben unterschiedliche, teils ungewöhnliche Wege genommen, bevor sie ihre Ausbildung im Anna-Haag-Haus aufnahmen. Und die Altersspanne, die sie abdecken, wirkt wie für ein Mehrgenerationenhaus gemacht…

Sylvia Amzir ist dreifache Mutter und ausgebildete Kauffrau für Bürokommunikation. In diesem Beruf hat sie fast 20 Jahre gearbeitet, dann für die Erziehung ihres jüngsten Sohnes, der heute zehn Jahre alt ist, pausiert. In dieser Zeit entstand bei ihr der Wunsch nach einer Veränderung: Sylvia Amzir wollte beruflich etwas Neues anpacken und dabei ihrem Interesse an pädagogischen und sozialen Themen folgen. So kam es, dass sie sich für die Praxisintegrierte Ausbildung zur Erzieherin interessierte. Über die Agentur für Arbeit wurde die heute 45-Jährige nach einem Praktikum und einer Eignungsanalyse in das Förderprogramm »WeGebAU« (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen) aufgenommen. Dieses Bundesprogramm setzt dem Fachkräftemangel positive Anreize entgegen: Die Auszubildenden erhalten eine höhere Vergütung, zugleich werden die Ausbildungsbetriebe finanziell entlastet.

Auch Beniam Kifle, Auszubildender zum Altenpfleger im zweiten Lehrjahr, ist mit 44 Jahren älter als man sich einen Azubi gemeinhin vorstellt. Bis zur Altenpflegeausbildung im Anna-Haag-Haus hat er einen weiten Weg zurückgelegt. Der gebürtige Eritreer musste bereits zweimal aus einem Land fliehen: Als Kind flüchtete seine Familie mit ihm in den benachbarten Sudan, von wo aus er Jahrzehnte später dann als Flüchtling nach Deutschland kam. Im Sudan hat Beniam Kifle als Friseur gearbeitet – einer der vielen Berufe, für die in Afrika keine Ausbildung erforderlich ist. Doch seit er als Kind seine Mutter erlebte, die im Dorf alte Menschen versorgte, ist sein Wunschberuf Altenpfleger. In Stuttgart absolviert er nun nicht die klassisch-dreijährige Ausbildung, sondern eine vierjährige Form mit intensivem Deutschunterricht. Seine Lehrerin an der Altenpflegeschule hat ihm dabei das Anna-Haag-Haus als Ausbildungsbetrieb empfohlen.

Duale Ausbildung im Anna Haag Mehrgenerationenhaus

Philipp Hentschel »schnupperte« im FSJ in den Arbeitsbereich Kita und entschied sich dann für eine Praxisintegrierte Ausbildung zum Erzieher.

Philipp Hentschel entspricht altersmäßig eher dem »klassischen« Auszubildenden: Er ist 20 Jahre alt und angehender Erzieher, wie seine Kollegin Sylvia Amzir im zweiten Jahr der PiA. Er kam nach dem Abitur für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in die Kita Anna Haag – zunächst nur, um die Wartezeit auf einen Studienplatz zu überbrücken. Doch dann begeisterte er sich für die Arbeit mit Kindern, er stellte fest, dass ihm die praktische Pädagogik, ganz besonders im Krippenbereich, sehr liegt. Und als ihm Dagmar Bender, Leiterin des Bereichs Kindertagesstätten, einen Ausbildungsplatz anbot, griff er zu. In der PiA erlebt Philipp Hentschel, der sich selbst »nicht so als Schulmensch« sieht, die enge Verzahnung von Theorie und Praxis als ausgesprochen positiv.

Duale Ausbildung im Anna Haag Mehrgenerationenhaus

Dejan Stanojev wird seine Altenpflegeausbildung im Frühjahr 2019 abschließen. Danach möchte er im Anna-Haag-Haus bleiben und sich weiterbilden.

Dejan Stanojev kam vor dreieinhalb Jahren aus Bosnien nach Deutschland. In seiner Heimat hatte er Abitur gemacht, eine Ausbildung zum Schweißer abgeschlossen, als Kellner gejobbt, doch es gab keine echte Berufsperspektive. In Stuttgart begann er zunächst ein FSJ und bewarb sich dann auf einen Ausbildungsplatz zum Altenpfleger im Anna-Haag-Haus – das Haus hatte er sich aufgrund des Mehrgenerationenansatzes gezielt ausgesucht. Inzwischen ist der 24-Jährige im dritten Lehrjahr, Ende März 2019 wird er die Ausbildung abschließen. Als examinierter Altenpfleger möchte Dejan Stanojev sich zur Wohnbereichs- oder Pflegedienstleitung weiterbilden – möglichst berufsbegleitend zur Tätigkeit im Anna-Haag-Haus.

Duale Ausbildung im Anna Haag Mehrgenerationenhaus

Corinna Wölflick kam über einen Qualifizierungskurs ins Anna-Haag-Haus, jetzt ist sie im dritten Ausbildungsjahr zur Altenpflegerin.

Corinna Wölflick ist ebenfalls im dritten Jahr der Ausbildung zur Altenpflegerin. Die 39-Jährige sagt von sich, sie sei »familiär vorbelastet«, ein Großteil der Familie arbeitet in sozialen Berufen. Auch Corinna Wölflick wollte schon immer mit Menschen arbeiten und suchte nach einer entsprechenden Perspektive. So kam sie 2015 über die Agentur für Arbeit ins Anna Haag Mehrgenerationenhaus – zunächst für einen sechsmonatigen Qualifizierungskurs. Im Praxisteil, den sie im Seniorenzentrum absolvierte, fiel die Esslingerin positiv auf: Sie wurde übergangsweise als Pflegehilfskraft eingestellt und begann dann im Oktober 2016 ihre Ausbildung zur Altenpflegerin.